Bei gezielter Suche nach Rechtsverstößen ist Abmahnung wegen Übertragung der IP-Adresse in die USA unzulässig

LG Baden-Baden, Urteil vom 16. Januar 2023 – 3 O 277/22. In diesem Urteil hatte das Gericht darüber zu entscheiden, ob eine Abmahnung in Verbindung mit der Zahlung eines Schmerzensgeldes wegen der Übertragung einer IP – Adresse auf einen Server in den USA zulässig ist, nachdem gezielt nach der Rechtsverletzung in Form eines Verstoßes gegen die Datenschutzgrundverordnung gesucht worden war.

Die Klägerin betreibt ein zentralisiertes Franchisesystem. Auf ihrer Webseite und den Seiten der Franchisenehmer ist die Klägerin im Impressum als Verantwortliche genannt. Auf den Internetseiten wird „Google Fonts“ eingesetzt. Beim Aufrufen der Webseite wird die IP-Adresse automatisch an einen Server von Google in den USA übertragen. Die Übertragung in die USA kann durch eine Änderung der Einstellungen die Datenverarbeitung in „lokal“ verhindert werden. Die Klägerin hatte dies auf allen Webseiten der Franchisenehmer veranlasst. Lediglich bei den noch nicht verwendete inhaltsleeren Subdomains wurde diese Änderung nicht vorgenommen.

Der Beklagte stieß mit Hilfe eines Computerprogramms, dass eine bestimmten Algorithmus verwendet auf diese inhaltsleeren Subdomains, auf denen über „Google Fonts“ die IP Adresse der Webseitenbesucher an den Server in den USA übertragen wurde. Der Beklagte ließ daraufhin Abmahnungen über seinen Anwalt verschicken, in denen er einen Schmerzendgeldanspruch gem. Art. 82 DSGVO und einen Unterlassungsanspruch wegen Verletzung des allgemeinen Persönlichkeitsrechtes (§823 Abs. 1 BGB) geltend macht und anbietet, gegen eine Zahlung von 170 Euro von weiteren Maßnahmen abzusehen.

Die Klägerin ist der Meinung, der Beklagte greife in das Recht der Klägerin an ihrem  eingerichteten ausgeübten Gewerbebetrieb ein und sie habe daher einen Anspruch auf Unterlassung der Abmahnung.  Es stehe dem Beklagten kein Schmerzensgeldanspruch aus Art. 82 DSGVO zu und somit seien die Abmahnungen unberechtigt. Da der Beklagte beim Aufrufen der Internetseiten gehofft habe, dass die IP Adresse in die USA übertragen werde, habe er in die Übertragung der Daten konkludent eingewilligt und die erforderliche Rechtsgrundlage für die Datenverarbeitung sei gegeben. Eine Datenschutzverletzung liege nicht vor.

Die Beklagte vertritt die Auffassung, dass es sich nicht um eine rechtsmissbräuchliche Abmahnung handele. Er handele nicht in der Absicht, sich Einkommen zu generieren. Vielmehr wolle er die Überwachung von Google unterstützen, die seiner Meinung nach vernachlässigt werde.  

Das Gericht schließt sich der Auffassung der Klägerin an. Es stehe der Beklagten kein Schmerzensgeldanspruch gem. Art. 82 DSGVO zu. Durch das Aufrufen der Internetseiten habe der Beklagte in die dortige Verarbeitung eingewilligt. Sein primäres Interesse habe primär der Erlangung von Schmerzensgeldansprüchen gegolten. Bereits im Betreff sei von Abmahnung die Rede – der Fokus lag nach Auffassung des Gerichts auf der Zahlung eines Geldbetrages. Das Geschäftsmodell konnte nur funktionieren, wenn die IP – Adresse entsprechend seinem Wunsch in die USA übertragen wird. Die Einwilligung bezieht sich daher auf die Datenverarbeitung im Sinne der Übertragung in die USA.

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