Unbegründete, verjährte oder exzessive Auskunftsanfragen.

Das OLG Celle befasste sich im Urteil vom 15.12.2022 – 8 U 165/22 u.a. mit der Frage, in wie weit eine datenschutzrechtliche Auskunftsanfrage nach Art. 15 DS-GVO wegen Unbegründetheit, Verjährung oder Exzess abgelehnt werden kann. Das Gericht stellte fest, dass das Auskunftsrecht dem Zweck diene, dass sich die betroffene Person der Verarbeitung ihrer personenbezogenen Daten bewusst ist um deren Rechtmäßigkeit überprüfen zu können. Erstmalige Auskunftsanfragen können allgemein nicht als offenkundig unbegründete oder exzessive Anträge im Sinne von Art. 12 Abs. 5 Satz 2 DS-GVO abgelehnt werden, da dies keine Anträge sind, die sich häufig wiederholten. Die Motivationslage des Betroffenen ist unmaßgeblich, weil die Verordnung den Auskunftsanspruch nicht von einer bestimmten Zielsetzung des Anspruchsinhabers abhängig macht und ein Auskunftsantrag nicht begründet werden muss. Ein Auskunftsanspruch besteht auch dann, wenn der Betroffene bereits über die geforderten Informationen verfügt. Ein Auskunftsanspruch hat keine zeitliche Begrenzung und kann sich auch auf Informationen erstrecken, die in Zeiträumen vor Inkrafttreten der DS-GVO am 18. Mai 2018 erhoben und/oder gespeichert wurden.

Der Kläger klagte gegen Beitragsanpassungen eines privaten Krankenversicherungsvertrags durch den Versicherer und verlangte Auskunft über alle, die Beitragsanpassungen auslösenden Faktoren sowie die Höhe der Beitragsanpassungen aus den Jahren 2012, 2013 die den zwischen den Parteien geschlossenen Versicherungsvertrag betreffen. Das beklagte Versicherungsunternehmen vertrat hingegen die Auffassung, dass sich aus Art. 15 DS-GVO kein solcher Auskunftsanspruch ergebe, da der Betroffene durch die Auskunft nur in die Lage versetzt werden müsse, die Rechtmäßigkeit einer Speicherung ihn betreffender Daten zu überprüfen. Außerdem sei der Kläger im Besitz sämtlicher Unterlagen, auf die sich der Auskunftsanspruch beziehe. Im Übrigen seien etwaige Ansprüche bis einschließlich 2017 verjährt.

Das Gericht verurteilte das Versicherungsunternehmen, dem Kläger Auskunft über alle Beitragsanpassungen und die dazugehörigen Informationen zu erteilen. Laut Gericht steht dem Kläger ein Auskunftsanspruch gemäß Art. 15 DS-GVO zu. Das Auskunftsrecht dient dem Zweck, dass sich die betroffene Person der Verarbeitung der personenbezogenen Daten bewusst ist um deren Rechtmäßigkeit überprüfen zu können. „Schreiben des Versicherers an den Versicherungsnehmer sind grundsätzlich ihrem gesamten Inhalt nach als personenbezogene Daten gemäß Art. 4 Nr. 1 DS-GVO anzusehen.“ (Rn. 119) Somit sind die Kriterien eines Auskunftsanspruchs bezüglich der, von der Beklagten dem Kläger anlässlich der Beitragsanpassungen übersandten Nachträge zum Versicherungsschein gegeben.

Laut Gericht handle es sich bei dem Auskunftsantrag auch nicht um einen offenkundig unbegründeten oder exzessiven Antrag im Sinne von Art. 12 Abs. 5 Satz 2 DS-GVO. Nach der Verordnung handle es sich dabei um exzessive Anträge, die sich häufig wiederholten. In vorliegendem Fall sei dies jedoch nicht gegeben, weil der Kläger erstmalig eine Kopie der maßgeblichen Unterlagen angefordert habe. „Unmaßgeblich ist auch die Motivationslage des Klägers, weil die Verordnung den Auskunftsanspruch nicht von einer bestimmten Zielsetzung des Anspruchsinhabers abhängig macht und dementsprechend der Antrag auf Auskunftserteilung auch nicht begründet werden muss.“ (Rn. 121)

Das Gericht stellte außerdem fest, dass ein Auskunftsanspruch nach 15 DS-GVO auch dann bestehe, wenn der Betroffene bereits über die geforderten Informationen verfügt (vgl. BGH, Urteil vom 15. Juni 2021 – VI ZR 576/19; VG Schwerin, Urteil vom 29. April 2021 – 1 A 1343/19 SN). Somit ist es unerheblich ob der Kläger bereits im Besitz der ihm ursprünglich übermittelten Informationen ist.

Zudem stehe auch dem Auskunftsanspruch nicht entgegen, dass es sich um Informationen aus dem Zeitraum vor Inkrafttreten der DS-GVO am 18. Mai 2018 handelt. In der DS-GVO finde sich keine ausdrückliche zeitliche Begrenzung des Auskunftsanspruchs, „was für einen unbeschränkten Auskunftsanspruch auch im Hinblick auf solche Informationen spricht, die vor dem 25. Mai 2018 erhoben und/oder gespeichert wurden.“ (Rn. 123) Beim Schutz personenbezogener Daten handelt es sich um einen Ausfluss der Grundrechte, der leer laufen würde, sollten sich Auskunftsansprüche nur auf Informationen aus der Zeit nach dem Inkrafttreten der DS-GVO erstrecken.

Ob eine Verjährung des nebenvertraglichen Auskunftsanspruches überhaupt möglich ist, bedarf keiner Entscheidung. „Denn selbst wenn der Auskunftsanspruch wie der auf § 242 BGB gestützte Auskunftsanspruch selbstständig und unabhängig nach der allgemeinen Frist des § 195 BGB verjähren sollte, so könnte er aber jedenfalls nicht vor dem Hauptanspruch verjähren, dem er dient.“ (Rn.124)

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